Die sechs Formen sind die Tr\u00e4ger der zentralen Prinzipien des Wing Chun. Vergleichbar mit dem menschlichen Erbgut, welches die Eigenarten des Menschen von Generation zu Generation weitertr\u00e4gt. Genauso wenig aber wie ein Kind das genaue Abbild seiner Eltern sein kann, bleiben die Formen nicht ohne Modifikationen \u00fcber die Generationen in ihrer Urspr\u00fcnglichkeit und \u00e4usseren Form erhalten. Die Prinzipien aber – und nur das ist schliesslich entscheidend – bleiben bestehen und werden vom Meister auf den Sch\u00fcler von Generation zu Generation \u00fcbertragen.<\/p>\n

Siu Lim Tao<\/strong><\/p>\n

Die erste Form Siu Lim Tao (kleine Geschichte oder kleine Idee) ist der Samen von welchem aus das ganze System w\u00e4chst. Wie ein Baum, dessen starke Wurzeln ihn in seiner ganzen M\u00e4chtigkeit letztendlich im Boden halten, sind in dieser ersten Form alle fundamentalen Prinzipien des Systems angelegt.\u00a0Die erste Form enth\u00e4lt insgesamt acht S\u00e4tze und ist aufgeteilt in drei Sektionen mit jeweils verschiedenen Schwerpunkten. Der erste Abschnitt trainiert den korrekten Stand und die Ganzk\u00f6rperstruktur. Der zweite Abschnitt dient der Kultivierung und der Lenkung der inneren Energie. Der dritte Abschnitt schult den gezielten Einsatz der Ganzk\u00f6rperstruktur und der inneren Energie in einer Vielzahl von Techniken in alle Richtungen des Raumes.<\/p>\n

Chum Kiu<\/strong><\/p>\n

Die zweite Form Chum Kiu (die Br\u00fccke schlagen) lehrt den Sch\u00fcler seine Techniken in Verbindung mit geeigneten Schritttechniken im Raum einzusetzen. Der Samen w\u00e4chst und beginnt den Raum einzunehmen. Die Fertigkeit, eine Distanz zu einem Gegner gesch\u00fctzt zu \u00fcberbr\u00fccken und ihm dabei gleichzeitig dynamisch auszuweichen, wird systematisch entwickelt und vertieft. Gleichzeitig lernt ein Sch\u00fcler seine Beine in verschiedenen Tritttechniken effizient einzusetzen.\u00a0Besonderes Augenmerk wird zudem der Entwicklung des Peitschenschlages und den Ellenbogentechniken mit dem entsprechendem Energieeinsatz und der Schritttechnik geschenkt.<\/p>\n

Biu Tse<\/strong><\/p>\n

Die dritte Form Biu Tse (stechende Finger) ist die wohl geheimnisvollste Form des ganzen Systems. Das Mysterium r\u00fchrt von der Tradition her, dass diese Form vom Meister jeweils nur an die loyalsten und besten Sch\u00fclern weitergegeben wurde. B\u00f6se Zungen behaupten zuweilen, dass diese Form von den Meistern nur dazu entwickelt wurde, Fehler w\u00e4hrend der Ausf\u00fchrung der Techniken im Freikampf gegen Sch\u00fcler zu korrigieren und sie sich damit eine Zeit lang wirkungsvoll vom Leibe zu halten.\u00a0Die Gef\u00e4hrlichkeit der Form liegt in ihrer Kompromisslosigkeit und ihrer Gradlinigkeit. Der Gegner wird in keiner Weise umgangen, sondern im Moment seines Angriffs mit entsprechendem Konterangriff kampfunf\u00e4hig gemacht. Dabei werden vor allem Ellenbogen und Fingerstichtechniken im koordinierten Zusammenwirken mit Tritttechniken gegen besonders empfindliche Punkte des gegnerischen K\u00f6rpers zum Einsatz gebracht.<\/p>\n

Mok Jan Chong (Holzpuppe)<\/strong><\/p>\n

Die Holzpuppenform kann als ein erster kleiner Systemabschluss im Wing Chun System angesehen werden. Die Holzpuppe – ein Trainingsger\u00e4t in Form eines simplen Holzstammes mit drei Armen und einem Bein – dient der Perfektionierung der Techniken aus den Basisformen in einer genau festgelegten Abfolge einerseits, andererseits aber auch der abschliessenden Abh\u00e4rtung des K\u00f6rpers eines Wing Chun K\u00e4mpfers. Das Training an der Holzpuppe ist somit keine Form im eigentlichen Sinne, sondern eine Anwendung an einem \u00e4usserst widerstandsf\u00e4higen und geduldigen Partner.\u00a0Die Geometrie des Kampfes, also das Einhalten bestimmter Winkel vom K\u00f6rper des Trainierenden zur Holzpuppe sowie die gesch\u00fctzte Positionsver\u00e4nderung im Raum, wird in dieser Form zur Perfektion gebracht.\u00a0Taktische \u00dcberlegungen werden im Zusammenhang mit dem Kampf gegen mehrere Gegner im Raum zu einem zentralen Thema.<\/p>\n

Lok Dim Bun Guan (Langstockform)<\/strong><\/p>\n

Der Langstock, eine Waffe aus massivem Holz von ca. 2,5 m L\u00e4nge, wird in einer Form mit 6 \u00bd Grundbewegungen und deren Variationen im Zusammenspiel mit einer speziellen Schritttechnik zur Anwendung gebracht.\u00a0Der K\u00f6rper des Trainierenden wird hier bis an die Grenzen des Ertr\u00e4glichen belastet. Tiefe St\u00e4nde und immer anspruchsvoller werdende \u00dcbungen lehren einen die Sinne zu sch\u00e4rfen, den Hochmut zu z\u00fcgeln sowie das Erlernte weiter zu vertiefen, um den Weg gest\u00e4rkt fortzusetzen.\u00a0Die taktischen \u00dcberlegungen aus der Holzpuppenform werden hier zudem auf einen gr\u00f6sseren Raum ausgedehnt und vertieft.<\/p>\n

Pa Cham Dao (Kurzschwertform)<\/strong><\/p>\n

Die Kurzschwerter, der kr\u00f6nende Abschluss des Wing Chun Chuan, bilden zugleich Abschluss und Neuanfang. Alles Erlernte wird vertieft und unter ern\u00fcchternden Umst\u00e4nden kritisch betrachtet, ist doch bei der Schwertkunst die Verletzungsgefahr bei Unachtsamkeit, Starrheit und Hochmut allgegenw\u00e4rtig. Leben und Tod erscheinen in den Anwendungen so nahe wie noch nie. Ein neues Verst\u00e4ndnis ist gefordert, die Bereitschaft, sich selber besser kennen zu lernen und das eigene Ich etwas kleiner werden zu lassen. Der Kampf richtet sich von aussen nach innen, das Wesentliche trennt sich vom Unwesentlichen und man erkennt, dass man sich selbst der st\u00e4rkste Gegner ist.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"

Die sechs Formen sind die Tr\u00e4ger der zentralen Prinzipien des Wing Chun. Vergleichbar mit dem menschlichen Erbgut, welches die Eigenarten des Menschen von Generation zu Generation weitertr\u00e4gt. Genauso wenig aber wie ein Kind das genaue Abbild seiner Eltern sein kann, bleiben die Formen nicht ohne Modifikationen \u00fcber die Generationen in ihrer Urspr\u00fcnglichkeit und \u00e4usseren Form…<\/p>\n","protected":false},"author":2,"featured_media":0,"parent":38,"menu_order":0,"comment_status":"open","ping_status":"open","template":"","meta":{"_exactmetrics_skip_tracking":false,"_exactmetrics_sitenote_active":false,"_exactmetrics_sitenote_note":"","_exactmetrics_sitenote_category":0},"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/wing-chun.ch\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/40"}],"collection":[{"href":"https:\/\/wing-chun.ch\/wp-json\/wp\/v2\/pages"}],"about":[{"href":"https:\/\/wing-chun.ch\/wp-json\/wp\/v2\/types\/page"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wing-chun.ch\/wp-json\/wp\/v2\/users\/2"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wing-chun.ch\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=40"}],"version-history":[{"count":14,"href":"https:\/\/wing-chun.ch\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/40\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":3448,"href":"https:\/\/wing-chun.ch\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/40\/revisions\/3448"}],"up":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/wing-chun.ch\/wp-json\/wp\/v2\/pages\/38"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/wing-chun.ch\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=40"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}